Regenbogenpastoral
Leitbild der Arbeitsgruppe
Der Arbeitskreis besteht seit 1993 und entstand aus dem Bedürfnis, eine Brücke zwischen homosexuellen Menschen und der Kirche in Oberösterreich aufzurichten. Gerade glaubende Menschen aus dem Bereich Homosexueller empfinden oder sahen sich auf Grund vieler offizieller Äußerungen der Kirche in einem schwerwiegenden Zwiespalt. Diesen Zwiespalt engagiert und redlich aufzulösen, ist unser Anliegen.
Erste Schritte:
- Behelf für Eltern: „Um Gottes willen“
- Internes Hearing mit Experten und Betroffenen in Puchberg 1995 (Moraltheologe Rotter, Psychotherapeut Rauchfleisch, Bundesanwalt Schroll)
- Studientagung in Puchberg 1997 zusammen mit Religionspädagischem Institut und den Initiativen „Homosexualität und Glaube“ in Österreich mit Referenten Müller, Schroll, Rotter, Pfarrer Prögelhöff
- Beratungsangebot im Rahmen der 19 Stellen der Ehe-, Familien- und Lebensberatung
- Theologische Fortbildung für Seelsorger(innen)
- Unterstützung von Projekten der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit
Unser Standpunkt:
- Die grundsätzlich gleiche Würde der Menschen, die von Kirche und Gesellschaft anerkannt und gefördert wird, gilt für Personen mit hetero- oder homosexueller Orientierung gleichermaßen
- Homo- wie heterosexuelle Menschen stehen unter der gleichen sittlichen Verpflichtung, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen, ihre geschlechtliche Art zu bejahen und verantwortlich in das gesamte menschliche Verhalten zu integrieren (s. „Dialog für Österreich“)
- In unserer Kirche und Gesellschaft soll ein Umfeld entstehen, in dem homosexuell empfindende Menschen sich in ihrer Lebensart akzeptiert fühlen, so dass sie sich und ihre Partnerschaft entsprechend ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen entfalten können.
Perspektiven:
- Vernetzung mit anderen Personen und Initiativen, die in diesem Bereich engagiert sind
- Ein Team von Seelsorger(inne)n für diese Menschengruppe im Auftrag des Bischofs in ökumenischer Zusammenarbeit
- Angleichung rechtlicher Bestimmungen an die Situation Homosexueller (z.B. Angehörigen-status im Krankheitsfall ...)
- Ein Bekenntnis der Kirche Österreichs zu einem differenzierten, reifen und menschenfreundlichen Umgang mit der Frage der Homosexualität im Sinne des vom Dialog für Österreich geforderten Positionspapiers
Argumente für die Seelsorge
Wozu sich Kirche dieses Themas annimmt
Die Kirche steht in der Nachfolge Christi. Die befreiende Botschaft Gottes will sie allen Menschen zukommen lassen. Daher erklärt das Zweite Vatikanische Konzil als Aufgabe der Kirche: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute sind Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“.
Darum ist es ein Verpflichtung der Kirche, den Menschen in ihrer jeweiligen Situation gerecht zu werden und ihnen die gute Nachricht des Evangeliums zu erschließen. Dazu ist Kirche da. Aus diesem Grund gibt es in unserer Kirche Menschen, die sich mit der Situation und Lebenswelt homosexueller Frauen und Männer auseinandersetzen.
7 Gründe, warum das Thema brennt:
- Seit einigen Jahrzehnten ist bekannt, dass es eine homosexuelle Orientierung im Sinne einer Veranlagung gibt. Das heißt: Personen mit dieser grundlegenden Ausrichtung sind nicht in der Lage, ihr erotisch-sexuelles Empfinden auf das andere Geschlecht „umzupolen“. Sie wollen aber wie alle Menschen lieben und geliebt werden. Sie haben die Sehnsucht und die Fähigkeit, partnerschaftliche Beziehungen mit Personen des gleichen Geschlechts zu leben.
- Diese Männer und Frauen machen ca. 5% der Bevölkerung aus, das heißt, dass es in einer Pfarre mit 3.000 Mitgliedern im Schnitt etwa 150 schwule Männer und lesbische Frauen gibt.
- Es gilt in der medizinischen und psychotherapeutischen Fachwelt inzwischen als geklärt, dass Homosexualität keine Krankheit oder Perversion darstellt.
- Zur „Verführungstheorie“: Es gibt wohl die Verführung zu homosexuellen Handlungen, nicht aber zu homosexueller Orientierung. So ist entwicklungs- und situationsbedingtes homosexuelles Verhalten, wie zum Beispiel in der Pubertät, beim Militär oder in Internaten nicht automatisch Ausdruck gleichgeschlechtlicher Orientierung.
- Zur persönlichen und geistigen Reife eines Menschen gehört, dass er sich in seiner jeweiligen Art annehmen und verwirklichen kann. Christen meinen, dass Gott genau das will.
- Homosexuellen Menschen wird die Selbstannahme besonders schwer gemacht („Bin ich falsch herum?“), wenn die Menschen ihrer Umgebung Homosexualität als unerwünscht, widernatürlich oder sündhaft ansehen. Damit Selbstannahme möglich wird, ist für ein neues Verständnis zu werben.
- Eltern machen sich nicht selten Vorwürfe und suchen die „Schuld“ bei sich („Was haben wir falsch gemacht?“), wenn sie erfahren, ihr Sohn ist schwul, ihre Tochter ist lesbisch. Sie können aber zu ihrem Kind stehen, wenn sie seine homosexuelle Orientierung respektieren lernen. Für diesen schwierigen Weg brauchen auch Eltern Verständnis und möglicherweise kompetente Beratung.
- Auch Christen sind hier schuldig geworden. Gegen die Angriffe auf Homosexuelle bis hin zur Vernichtung in den KZs haben die christlichen Kirchen keinen Widerstand entgegengesetzt, wohl aber über viele Jahrhunderte zur Diskriminierung beigetragen. Mittlerweile erkennen sie an, dass es eine gleichgeschlechtliche Orientierung gibt und verlangen, homosexuellen Menschen mit Respekt zu begegnen. Gerade unsere römisch-katholische Kirche tut sich aber noch schwer, diese Erkenntnis in die Praxis umzusetzen.
Einige Einwände:
„Die Bibel verurteilt doch klar jedes homosexuelle Verhalten“
Ja, es gibt Stellen, in denen homosexuelles Verhalten verurteilt wird. Diese gehen davon aus, dass es sich um ein mißbräuchliches Verhalten an sich heterosexueller Männer handelt. Man wusste damals nichts von einer homosexuellen Persönlichkeitsorientierung, die die moderne Wissenschaft jetzt kennt. So wenig die Schöpfungsgeschichte heute als naturwissenschaftliche Abhandlung verstanden werden kann, war für die biblischen Autoren eine gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung denkbar.
„Wir haben gelernt, dass Homosexualität eine Perversion ist.“
Noch bis in die 80er Jahre nahm die Wissenschaft an, dass es sich bei Homosexualität um eine Form der sexuellen Perversion, d.h. Fehlgerichtetheit, handelt. Diese Annahme ist überholt – die Weltgesundheitsorganisation hat Homosexualität von der Liste der Krankheiten gestrichen.
„Homosexuelle sind doch Knabenschänder“
Leider gibt es hetero- wie homosexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Statistisch gesehen sind jedoch – auch im Verhältnis der Verteilung von Homo- und Heterosexualität – bedeutend mehr heterosexuelle als homosexuelle Übergriffe zu verzeichnen.
Auch zwischen Erwachsenen ist Mißbrauch und Gewalt im homosexuellen Bereich nicht häufiger als im Schnitt der Bevölkerung, wird jedoch spektakulärer dargestellt.
„Schwule können nicht treu sein.“
Dieser Einwand scheint auf den ersten Blick zu treffen: tatsächlich gibt es im homosexuellen Bereich häufigen Partnerwechsel und viel Einsamkeit. Das hat mit der schwierigen Situation solcher Paare in unserer Gesellschaft zu tun: Wo können sie miteinander auftreten? Welche Rahmenbedingungen stützen ihre Partnerschaft, besonders wenn es zu einer Krise kommt? Andererseits gibt es mehr schwule und lesbische Paare, die eine verbindliche Beziehung leben, als in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
„Und was ist mit AIDS?“
Von Aids können alle betroffen werden. Daher ist es nicht nur ein Problem homosexueller Menschen. Der Schutz vor Infektion ist Verpflichtung für jedermann. Alle HIV-positiven Menschen verdienen in ihrer schwierigen Lage besondere Aufmerksamkeit und Solidarität.
Seelsorge mit schwulen und lesbischen Menschen (als pdf)
Zur Orientierung: gleichgeschlechtlich empfindende Menschen und Kirche (als pdf)
Regenbogenpastoral Diözese Linz
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